Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrej Kostin hat nach eigenen Angaben seit Beginn der Invasion 208 Opfer sexueller Gewalt durch russische Truppen identifiziert, wie der Kyiv Independent berichtet. 140 Fälle betreffen demnach Frauen, weitere 13 Minderjährige. Die Behörde wies auch darauf hin, dass die tatsächliche Zahl der Opfer wahrscheinlich viel höher ist.

"Der systematische Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe ist eines der Muster von Massenverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, die von den russischen Truppen in der Ukraine begangen wurden", sagte Kostin bei einem Treffen mit der EU-Botschafterin für Gleichstellung und Vielfalt, Stella Ronner-Grubačić. "Wir betrachten konfliktbedingte sexuelle Gewalt auch als ein Element des Völkermordes." Seine Behörde habe eine Sondereinheit eingerichtet, die sexuelle Gewaltverbrechen untersucht und verfolgt und Opfern psychologische Beratung anbietet.

Russland fliegt Drohnenangriff auf Kiew

Die ukrainische Hauptstadt Kiew und die umliegende Region sind ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht erneut Ziel eines russischen Drohnenangriffs geworden. Die Luftabwehrsysteme seien im Einsatz und wehrten den Angriff ab, teilt die Militärverwaltung auf der Nachrichten-App Telegram mit. Auch die Stadt Lwiw im Westen der Ukraine war Ziel eines russischen Luftangriffs. Die Stadt und die umliegende Region werden von Explosionen erschüttert, schrieb Bürgermeister Andrij Sadowyj auf Telegram.

Macron: Französisch-italienisches Flugabwehrsystem im Einsatz

Bei der Abwehr von Flugzeugen und Raketen setzt die Ukraine ab sofort auch ein europäisches Flugabwehrsystem ein: Das gemeinsam von Frankreich und Italien entwickelte Samp/T-System sei bereits im Einsatz, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris. Samp/T ist flexibel einsetzbar, weil das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen auf Lastwagen montiert ist. 

Weitere Ereignisse der Nacht in Kürze:

  • Die Europäische Union sieht die Ukraine auf einem guten Weg in Richtung der Mitgliedschaft, aber noch nicht am Ziel, wie zwei hochrangige EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Von sieben Kriterien für Beitrittsgespräche erfüllt das Land demnach momentan zwei. Dies werde in einem Bericht festgehalten, der im Laufe dieser Woche veröffentlicht werden soll.
  • Das norwegische Außenministerium hat die Zahlung von 250 Millionen Kronen (knapp 21,5 Millionen Euro) für die atomare Sicherheit der Ukraine angekündigt. Mit dem Geld sollen die Sicherheitsarchitektur von Atommeilern wie Saporischschja und Tschernobyl verbessert und Inspekteure der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) unterstützt werden.
  • Die ukrainische Armee hat bei ihrer laufenden Gegenoffensive laut Präsident Wolodymyr Selenskyj bislang keine Geländeverluste hinnehmen müssen.
  • "Der größte Schlag" bei der ukrainischen Gegenoffensive steht laut Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar noch bevor. Die Ukraine bereite sich auf ein "hartes Duell" vor, da Russland seine Stellungen nicht so leicht aufgebe, sagte sie auf Telegram.
  • Der Vize-Minister für Strategische Industrien, Sergij Bojew, wirbt für die Niederlassung westlicher Rüstungskonzerne in der Ukraine, um potenzielle Aggressoren abzuschrecken.

Das wird heute noch wichtig:

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beginnt einen zweitägigen Staatsbesuch in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan. Kasachstan ist für Deutschland unter anderem als Öllieferant interessant, nachdem seit Januar wegen des russischen Kriegs in der Ukraine kein russisches Öl mehr über die Pipeline Druschba kommt.

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